27.05.2022 Story

"Autofahren darf sich nicht steril anfühlen" - ein Gespräch mit dem Autotuner Jean Pierre Kraemer

Jean Pierre Kraemer ist einer der bekanntesten Autotuner Deutschlands. Im Interview verrät er, was ihm am Hyundai i30 N besonders gut gefällt, welche Musik er beim Fahren am liebsten hört – und wie Tuning im Zeitalter der Elektromobilität aussehen könnte.

Mich fasziniert, wie gut sich ein Auto maßschneidern lässt.

Jean Pierre Kraemer

Jean Pierre Kraemer
unterhält als „JP Performance“ den erfolgreichsten deutschsprachigen Youtube-Kanal im Automobilbereich. Kraemer wuchs in Dortmund auf und betreibt dort seine Werkstatt. Der 41-Jährige wurde durch die Doku-Soap „Die PS-Profis – Mehr Power aus dem Pott“ bekannt, die seit 2009 ausgestrahlt wird, und hat auch für Hyundai bereits Autos getunt. Inzwischen ist er auch als Moderator, Comedian und Buchautor tätig.

 

Jean Pierre, du bist einer der bekanntesten Autotuner in ganz Deutschland. Was fasziniert dich am Verbessern der Autos?

Mich fasziniert, wie gut sich ein Auto maßschneidern lässt. Die Hersteller lassen eine Restreserve im Auto, die man herauskitzeln und individualisieren kann. Das betrifft nicht nur die Optik, sondern auch das Fahrverhalten. Man kann ein Auto zum Beispiel beim Einlenken viel dynamischer oder beim Rausbeschleunigen stabiler machen.

Wann hast du deine Leidenschaft für Autos entdeckt?

Die Leidenschaft für Autos hatte ich schon immer. Aber eine lange Zeit haben mich hauptsächlich technische Bauteile interessiert – auch vom Flugzeug oder Hubschrauber. Damals stand das Auto also nicht allein im Vordergrund. Als ich 15 oder 16 Jahre alt wurde, hat sich das geändert und meine Begeisterung galt ganz klar den Autos.

Was ist deine Lieblingsmusik beim Autofahren?

Ich höre alles außer Schlager. Momentan höre ich 60er-Jahre Discomusik und Motown Soul aus den 60er- und 70er-Jahren. Außerdem laufen beim Fahren auch 80er, 90er und zeitgenössischer Rap. Klassik höre ich übrigens auch sehr viel. Mein Musikgeschmack ist also bunt gemischt.

 

An welchem Auto von Hyundai werkelst du besonders gerne?

Definitiv am Hyundai i30 N. Denn das Auto ist roh und hat gleichzeitig genug moderne Technik auf Lager. Das erzeugt ein Fahrverhalten, das mir persönlich gut gefällt – und das auch Kunden weltweit anspricht. Sehr viele Hersteller verlieren sich in ihrer Technik und wollen das Autofahren so steril wie möglich machen. Nach einer Fahrt in einem Hyundai spürst du einfach, dass du gefahren bist und dass du das Auto wirklich bedient hast. Dieses authentische Fahrgefühl geht in der Autoindustrie langsam verloren.

Elektromobilität steht hoch im Kurs, 2021 wurden so viele neue Elektroautos angekündigt wie nie zuvor. Wirkt sich diese Veränderung auch auf deine Arbeit aus?

Noch hat es sich Gott sei Dank nicht auf meine Arbeit ausgewirkt. Noch wollen viele Menschen ihre Autos von uns umbauen lassen. Aber ich bin mir sehr sicher, dass sich das in Zukunft ändern wird.

Kann man Elektroautos überhaupt tunen?

Elektroautos kann man auf jeden Fall beim Design und im Fahrverhalten tunen. Auch in der Reichweite lassen sich gewisse Dinge modifizieren. Aber in Sachen Beschleunigungsvermögen ist die Effizienz und Verlustleistung im Moment noch so hoch, dass man die Leistung nicht anpacken sollte. Wenn wir in der Lage sind, Akkukapazität oder Kilometerleistung beizubehalten, können wir das Tuning gerne angehen. Aber im Moment ist der Verlust dabei gigantisch hoch.

Nach einer Fahrt in einem Hyundai spürst du einfach, dass du gefahren bist und dass du das Auto wirklich bedient hast.

Hast du ein Beispiel dafür?

Wenn man ein Elektroauto mit 300 Kilometer Reichweite und 200 PS auf 300 PS tunen würde, würde die Reichweite auf 200 Kilometer sinken. Deshalb sehe ich momentan keinen Sinn darin, die Leistung zu erhöhen. Es macht mehr Sinn, aerodynamisch, reifentechnisch und am Fahrverhalten zu feilen als am Ansprechverhalten des Elektromotors.

Mittlerweile bist du nicht mehr nur Tuner, sondern Gründer eines Burgerrestaurants, Comedian und Buchautor – und du hast ein Museum eröffnet. Wofür brennst du am meisten? Und wo geht für dich die Reise in Zukunft hin?

Das Unternehmen ist stark gewachsen in den letzten Jahren. Am meisten Feuer habe ich momentan für mein eigenes Leben. Das ist sehr viele Jahre auf der Strecke geblieben. Ich möchte mich weiterentwickeln. Deshalb versuche ich momentan, mich selbst zu tunen.

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Text: Tanita Hecking